Nachhaltigkeit mit Chefkoch

Nachhaltigkeit außerhalb der Saison

Nachhaltigkeit außerhalb der Saison

(Foto: CK_Print-Magazin / Jorma Gottwald)

In der regional-saisonalen Obst- und Gemüseabteilung herrscht gähnende Leere. Was tun, wenn die regionale Ernte im Frühling auf sich warten lässt? 

In unsere Themenwelt Nachhaltigkeit mit Chefkoch möchten wir gemeinsam einer Lebensweise näherkommen, die mit den Ressourcen unserer Erde verantwortungsvoll umgeht. Das funktioniert nicht von heute auf morgen, viel zu eingefahren und viel zu komplex ist das System, in dem wir leben. Doch immerhin konnten wir in der Vergangenheit schon einige nachhaltige Ansätze verfolgen. Einer der Wichtigsten ist sicherlich der Einkauf von saisonal-regionalen Obst- und Gemüsesorten. Das ist überhaupt kein Problem, denn normalerweise ist das Angebot gut sortiert und glänzt meistens sogar im ökologischen Bereich.

Blicken wir aber jetzt der Wahrheit ins Auge, sehen wir, dass die Basis einer regionalen Gemüseversorgung über den Winter vollkommen auf der Strecke geblieben ist. Auch wenn es endlich wieder wärmer wird und die Sonne den Boden auf den heimischen Feldern kitzelt, noch präsentiert sich der Frühling nicht von seiner kulinarischen Seite. Lediglich seine Boten geben einen Vorgeschmack auf das ersehnte Überangebot. Der regionale Spargel kämpft sich zwar ans Licht - doch seine preisliche Lage macht ihn am Anfang der Saison zu einem seltenen Festessen. Der Bärlauch ist zwar teilweise nicht zu bändigen - doch als Hauptakteur auf Dauer eher schwierig. Und es gibt endlich wieder Rhabarber, Kuchen geht doch immer – wenn die Vernunft nicht wäre.

Dass es bis in das neue Jahr hinein nicht sonderlich viel in Deutschland zu ernten gibt, ist ganz normal und es dauert ab April gar nicht mehr lang, bis sich das Angebot wieder füllt. Außerdem ist Geduld doch eine Tugend – ja, das stimmt, aber mit genussvollem Essen auf bessere Zeiten zu warten, ist keine gute Idee. Angesichts der frischen Frühlingszwiebeln aus dem Senegal, den Kräuterseitlingen aus Südkorea oder ähnlichen Importen ist das Nachhaltigkeitsdilemma dann perfekt.

Regional - ein komplizierter Begriff

- Die Bezeichnung Regional ist nicht geschützt, sodass Vorstellungen von Verbrauchern getäuscht werden können. 

- Auch regionale Ware kann aus klimaschädlichen Treibhäusern kommen.

- Regionale Ware einzulagern und so frisch zu halten kostet unter Umständen sehr viel Energie, sodass saisonale Ware aus Übersee in manchen Fällen als nachhaltiger bewertet werden muss.

Warum nochmal nachhaltig?

Mit dem Mangel auf der regionalen Seite und dem überregionalen Überfluss wird die Idee der Nachhaltigkeit zum echten Gewissenskonflikt. Was können diese süßen Kirschtomaten aus Marokko in der kleinen Schachtel denn schon anrichten? Das Problem sind, wie wir alle wissen, der wasserintensive Anbau, welcher bodenschädigende Pflanzenschutzmittel einsetzt, die umweltschädliche Plastikverpackung und der energieaufwendige Transport. Nebenbei sind sehr oft die Arbeitsbedingungen der Erntehelfer katastrophal und das alles nicht nur bei den Tomaten.

Majas Tipp: Verantwortung abgeben - trotzdem verantwortungsvoll handeln

Gemüsekiste abonnieren
Fast überall in Deutschland gibt es mittlerweile Angebote sogenannter Bio-Gemüsekisten. Das sind Obst- und Gemüselieferungen direkt vor die Haustür. Dahinter stecken zumeist engagierte Produzenten, bei denen die regional-saisonale Ware immer Vorfahrt hat und die, wenn das nicht möglich ist, ganz genau hinschauen, was sie ihren Kunden anbieten. So können wir Verantwortung abgeben und trotzdem verantwortungsvoll handeln. Ganz ohne die lästige Schlepperei.
 

In der Summe haben Erzeugnisse, die für einen internationalen Markt produziert werden, eine derart schlechte Klimabilanz, dass man sich schon fragt, ob wir uns im Winter nicht lieber im Verzicht üben sollten. Eine Antwort fällt da schwer, schließlich wollen wir uns in der erntearmen Zeit eben nicht nur auf Sauerkraut und Trockenfrüchte verlassen. Die meisten von uns greifen ab und zu im Gemüse- und Obstregal zu überregionaler Ware. Vielleicht liegt die Lösung wie so oft in der Mitte und wir entscheiden uns dazu, die Begriffe regional und saisonal etwas zu dehnen. Wichtig ist dabei, dass wir das in Abhängigkeit zum aktuellen Angebot machen und auch nicht über alle Grenzen hinweg. 

Sind Tomaten aus dem Gewächshaus, knackige Möhren als Lagerware oder schneeweißer Blumenkohl aus Italien doch mal okay? Bei dieser Frage ist sicherlich das Wichtigste, das Problem nicht aus den Augen zu verlieren. Mit der Akzeptanz, dass wir Teil des Systems sind, schieben wir den Schwarzen Peter nicht einfach weiter und arbeiten kontinuierlich daran, immer ein Stückchen nachhaltiger zu leben. Jeder einzelne kann etwas bewirken. Die eigene strenge Vorgabe, niemals wieder dies oder jenes zu tun, ist aber wahrscheinlich nicht hilfreich und führt früher oder später zur Resignation. Vielleicht können wir uns vornehmen, Produkte außerhalb ihrer Saison sparsam zu verwenden und ganz bewusst zu genießen. Anstatt einer Suppe aus vielen frischen Tomaten zu kochen, eher ein Brot mit einer frischen Tomate belegen. Das passt ohnehin gerade viel besser zu dem frühlingshaften Wetter und verkürzt das Warten auf bessere Zeiten ungemein.