Falsche Blutwurst (Rezept für vegane rote Grützwurst aus der Versuchsküche)

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Mitglied seit 25.01.2006
15.456 Beiträge (ø2,31/Tag)

Hallo,

auch wenn ich »Allesfresser« bin, reizt es mich, vegetarische bzw. vegane Gerichte auszutüfteln. Nicht einfach gemüsige Gemüsegerichte, die gibt es ja seit je und genug, sondern besonders Sachen mit würzigem, »fleischigen« Aroma, das in der veganen Küche ja nicht so mal eben entsteht.

Auch wenn sie umstritten sind, finde ich besonders Imitate interessant. Einerseits als »künstlerische« Herausforderung, andererseits, weil eine ganze Menge der Vegetarier und Veganer früher geschätzte Geschmäcker und Gerichte vermisst. Aber möglichst ohne fragwürdige Helferlein.

Neulich habe ich versucht, die Vegi-Leberwurst weiterzuentwickeln – mit mehr Gewürzen, Angostura für die notwendige Bitternote und Preiselbeerkonfitüre für die süßliche. Die sah zwar wirklich täuschend echt aus, schmeckte aber immer noch vor allem nach Kidneybohnen, wenn auch unverkennbar leberwurstig gewürzt. Da muss ich noch mal ran, vielleicht mit anderen Hülsenfrüchten als Basis.

Ein paar Tage später habe ich unabhängig davon, um auf ein chinesisches Rezept zu kommen, mit fermentierten, getrockneten Schwarzbohnen (die werden aus Sojabohnen gemacht) rumprobiert. Ich liebe die Dinger, hatte mit denen aber noch nicht gekocht. Ich habe sie einfach erst mit etwas Wasser und Öl gedünstet und geschaut, wie die sich verhalten. Roh riechen sie intensiv käsig, rezent, ein bisschen wie Appenzeller, was sich beim Garen verliert. Dabei fiel mir auf, dass ihr Geschmack auch an Blutwurst erinnert, allerdings zu herb ist. Aber vielleicht zusammen mit Roten Beten? Das könnte doch, vielleicht … Die Idee, eine vegane Blutwurst zu erfinden, fand ich sehr erheiternd. Ich mag Blutwurst sehr gerne, doch schon eine ganze Menge »Allesfresser« gruseln sich vor den Zutaten und dem Geschmack. Kontroverse Sache also. Aber sicher gibt es ein paar Vegetarier und Veganer, die nicht nur Leberwurststullen vermissen, sondern auch Blutwurst und »Tote Oma«.

Jedenfalls kommt mir das Ergebnis meines ersten Versuchs für eine vegane rote Grützwurst geschmacklich und optisch schon sehr überzeugend vor – ich war selbst überrascht. Herb erdig und etwas süßlich, mit annähernd der richtigen Konsistenz und farblich täuschend echt. Perfekt natürlich noch nicht.

Ich würde mich freuen, wenn andere das Rezept mal ausprobieren und kommentieren. Hier kommts:

Zutaten:

50 g chinesische Schwarzbohnen, getrocknet
Pfeffer
Piment
Majoran
Thymian
Ingwer (Pulver)
Zimt (Pulver)
Nelken (Pulver)
50–70 g gegarte Rote Bete
1 Zwiebel
50 g Margarine
2–3 EL Weichweizengrieß
Rotwein (optional)

Zubereitung:

Schwarzbohnen mit einer Tasse Wasser für eine halbe bis eine Stunde wässern.

Währenddessen 8 Pfefferkörner und 5 Pimentkörner mörsern oder mahlen, 1 TL Majoran und 1/2 TL Thymian dazu, noch je eine etwas größere Messerspitze Ingwer und Zimt, eine kleine Messerspitze Nelken. Alles im Mörser zu einer pulverigen Gewürzmischung verarbeiten. Kein Salz! Die Schwarzbohnen bringen genug davon mit.

Die gegarte Rote Bete in kleine Würfel schneiden (ich hatte sie am Vortag mit Folie im Ofen gebacken, vakuumierte aus dem Supermarkt werden auch gehen).

1 kleine bis mittelgroße Zwiebel würfeln und mit der Hälfte der Margarine in einer Kasserolle langsam schmurgeln, bis sie eine gelbliche Farbe angenommen hat. Dauert so zehn Minuten.

Die Schwarzbohnen durch ein Sieb abgießen (das Einweichwasser ist sehr salzig) und zu der Zwiebel geben, ebenso die Rote Bete, eine Tasse Wasser und die Hälfte der Gewürzmischung. Einige Minuten köcheln lassen.

Jetzt 2–3 EL Grieß, eventuell einen Schuss Rotwein und etwas Wasser dazugeben und sanft köcheln, bis der Grieß gar ist. Die Konsistenz sollte breiig, aber noch ziemlich weich sein. Also die Flüssigkeit entsprechend dosieren.

Die zweite Hälfte der Margarine dazugeben und schmelzen lassen. Mit dem Mixstab alles im Topf pürieren.

Jetzt noch abschmecken, es könnte etwas von der Gewürzmischung fehlen, vielleicht auch Salz. Ich habe etwas Räuchersalz drangemacht, was ich aber nicht wieder machen würde – der Geschmack war vorher besser.

Etwas weiter köcheln lassen, bis die Konsistenz einer warmen Grützwurst erreicht ist. Fertig.

Gestern Abend fand ich das Ergebnis ganz prächtig und habe die Sache erst mal kühl gestellt. Heute kam es mir eine Spur zu herb vor und ich habe noch einen Löffel Rote Bete dazu getan und wieder püriert. Vielleicht war ich am Schluss auch zu kühn mit den Gewürzen und die haben sich über Nacht noch weiter entfaltet. Aber im Großen und Ganzen finde ich das Resultat gelungen.

Weil diese Grützwurst keine Gelatine enthält, wird sie auch kalt nicht schnittfest, sondern bleibt fest-breiig, ähnlich wie Leberwurst. Ich könnte mir aber vorstellen, dass man mit Mehlschwitze statt Grieß und noch einem passenden Gelbildner auch eine schnittfeste »Blutwurst« hinbekommt.

Soviel zu meinem Ausflug in die vegane Fälscherwerkstatt. Ein Foto kommt noch.
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Mitglied seit 18.03.2014
9.294 Beiträge (ø2,49/Tag)

Wenn du noch weitere Versuche machen willst, dann versuchs mal mit Grünkern. Zumindest kann man damit Knödel machen die shon was von Leberknödeln ahnen lassen.

Viele Grüße
Manfred

Ich koche gerne mit Alkohol. Manchmal gebe ich sogar welchen ins Essen (Vincent Klink)
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Mitglied seit 25.01.2006
15.456 Beiträge (ø2,31/Tag)

Grünkern werde ich mir sicher mal vornehmen, schon aus Neugier. Im Moment hat mich aber dieser Nebeneffekt der fermentierten Schwarzbohnen fasziniert.

Was Lebernoten angeht scheint mir die Angostura-Preiselbeer-Sache ganz vielversprechend. Gut möglich, dass Grünkern eine besser Basis darunter abgibt als Kidneybohnen. Linsen habe ich auch noch im Hinterkopf.
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Mitglied seit 25.01.2006
15.456 Beiträge (ø2,31/Tag)

Fotomanni, ich habe inzwischen ein Foto in mein Album hochgeladen. Könntest du das vielleicht hier einbauen? Wäre nett. Auch wenn die Resonanz bisher nicht gerade umwerfend ist.
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Mitglied seit 18.08.2005
2.770 Beiträge (ø0,4/Tag)

Hallo Erzeugt!

Bin zwar nicht Fotomanni les aber grade dass du das Bild hier rein haben willst!
Hier ist es:
Falsche Blutwurst Rezept vegane rote Grützwurst Versuchsküche 516011340

LG Elke
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Mitglied seit 25.01.2006
15.456 Beiträge (ø2,31/Tag)

Vielen Dank, Elke!

Vegane Rotwurst scheint aber ein doch etwas zu breiter Spagat zu sein. Hatte ich schon vermutet.
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Mitglied seit 04.06.2015
7 Beiträge (ø0/Tag)

hey geil, das werd ich mal probieren, allerdings mit sojamehl & johannisbrotkernmehl (die combo bindet auch vegane knödel anstelle von ei) und ein paar gebratenen räuchertofu-würfeln!
wurstsalat fehlt mir schwôb wirklich sehr...insbesondere die 3-4 wochen im kühlschrank durchgehärtete blutwurst... :/
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Mitglied seit 16.12.2003
58.693 Beiträge (ø7,86/Tag)

es sieht auf jeden Fall farblich sehr appetitlich aus...das ist ja auch wichtig..von der Konsistenz noch ein wenig zu sehr "dicke Bolognese" - da bietet sich die von Balthazad empfolhlene Bindung an.

Danke fürs Teilen - ich finde solche Experimente immer sehr anregend...ich werde das mal austesten - das mit den Räuchertofu-Würfeln ist ne gute Idee..
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Mitglied seit 16.12.2003
58.693 Beiträge (ø7,86/Tag)

oha - der ist ja schon älter, der Thread - macht aber nix - sowas kann man ruhig nochmal hochholen...😊
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Mitglied seit 25.01.2006
15.456 Beiträge (ø2,31/Tag)

Mein Vorbild dabei war die Blutwurst, die man warm serviert. Daher auch nicht schittfest, sondern eher so wie Leberwurst.

Lustig, ds der Thread wieder auferstanden ist.
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Mitglied seit 19.04.2013
15.224 Beiträge (ø3,75/Tag)

Hallo,

es gibt keine vegane Wurst und auch kein veganes Fleisch.
Ich werde nie verstehen, warum man bestimmte vegane Produkte unter eine Rubrik subsumieren möchte, die schon seit Jahrtausenden eindeutig keinen veganen Hintergrund hat, nämlich Wurst und Fleisch.

Ich habe überhaupt nichts gegen diese Form der Ernährung. Aber ich verstehe nicht, warum man den Gerichten nicht einen entsprechenden Namen geben kann, zum Beispiel "Fermentierte Schwarzbohnenpaste mit rote Beete".
Klingt das für einen Veganer unappetitlich?

Warum muss es denn "Wurst" heißen? Und dann auch noch "Blutwurst"?

lG Modena
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Mitglied seit 16.12.2003
58.693 Beiträge (ø7,86/Tag)

Erzett - stimmt auch wieder. Ich kann mir die VEGANE BLUTWURST in dieser etwas weichen Version gut zB zu Kartoffelpüree vorstellen.

Mir gefällt vor allem die sehr appettitliche Farbe. Meine Experimente mit VEGANER LEBERWURST schmeckten gut - sahen aber teilweise etwas grau-blass qaus..
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Mitglied seit 13.11.2005
13.030 Beiträge (ø1,92/Tag)

Hallo Modena,

ich denke das wird so benannt, damit man unter dem Namen und dem Geschmack, den man kennt, auch die vegetarische / vegane Variante findet.

Lg, Marie
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Mitglied seit 19.04.2013
15.224 Beiträge (ø3,75/Tag)

@Grisou,

Großbuchstaben schreien, machen aber vegane Produkte auch nicht zu Wurst.
Also nochmal: Warum muss es "Wurst" im Namen haben und darf nicht "Paste", "Creme", oder "Aufstrich" in Verbindung mit den entsprechenden Zutaten heißen?

"Leberwurst" muss sich für einen Veganer doch auch extrem eklich anhören. Genauso wie "Blutwurst".

lG Modena
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Mitglied seit 06.05.2013
1 Beiträge (ø0/Tag)

Super geile Tipps, danke! Bin auf den Thread beim neugierigen Googeln einer veganen Grützwurst-Variante gestossen. Freue mich schon es auszuprobieren. Dieser Beitrag ist seiner Zeit voraus gewesen!

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Ja und weil ich meinen Senf zur Wortklauberei der bekennenden Karnivorin geben möchte:
Lass die Leute doch einfach machen. Was stört es dich? Niemand kommt vegan zu Schaden.
Und natürlich kann man den Geschmack von Fleisch geil finden und trotzdem gegen das Schlachten sein. Das ist kein Widerspruch. Wir leben in einer Welt in der das halt möglich ist.
Fleischgeschmack ist schon geil. Wie umwerfend, dass wir hier kulinarische Zaubereien besprechen können, diesen Geschmack pflanzlich zu reproduzieren -ein Gaumenkitzler ohne Schuldgefühle. Quasi wie die fette Schoki-Torte ohne Kalorien.

Und da Menschen nunmal Gewohnheitstiere sind, darf es auch gerne VEGANE LEBERWURST! heißen. Why not? Woher dieser Hate, Alman-Anette? Lass die crazy Kids doch machen.
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